Fertigstellung von mehr als 220.000 Wohnungen verzögert
- bulwiengesa-Studie „Wohnungsdevelopments in Deutschland“
- Baustart bei 34 Prozent aller Wohnprojekte verzögert
- Wohnbedarf wird deutschlandweit aktuell und perspektivisch nicht gedeckt
- Defizit in A-Städten besonders groß
Bereits in den vergangenen Jahren wurden zu wenige Wohnungen neu gebaut, aufgrund der Verschiebungen am Immobilienmarkt spitzt sich die Lage weiter zu: Die Fertigstellung von mehr als 220.000 Neubauwohnungen verzögert sich, und die meisten fertiggestellten Wohnungen befinden sich nicht in den Regionen, in denen der Bedarf am höchsten ist. Der berechnete Bedarf an Wohnraum bis 2028 liegt bei ca. 420.000 Wohnungen pro Jahr – dieser wird in allen Märkten und Städten nicht gedeckt. Das ergab die Studie „Wohnungsdevelopments in Deutschland“, die von WERTGRUND in Auftrag gegeben wurde. In Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Analyseunternehmen bulwiengesa wurden auf Grundlage von Einwohnerzahlen, Baustarts und Fertigstellungen die Wohnungsdevelopments bis 2040 analysiert. Ziel der Studie war es, den Wohnungsbedarf in A-, B-, C- und D-Städten sowie im ländlichen Raum zu erforschen.
Zu wenig neuer Wohnraum trifft auf hohe Nachfrage
Zwischen 2013 und 2023 wuchs die Einwohnerzahl in Deutschland um 8 % auf aktuell ca. 84 Millionen Menschen. Die Prognose für 2040 wird deutschlandweit auf 0,5 % Zuwachs geschätzt, wobei in den sieben A-Städten 5,6 % Zuwachs erwartet wird. Die Bevölkerungsentwicklung ist durch den demografischen Wandel mit einer alternden Bevölkerung und einer niedrigen Geburtenrate sowie durch eine hohe Zuwanderung seit 2015 geprägt. Regionale Unterschiede zeigen ein starkes Wachstum in Großstädten und einen Rückgang in ländlichen Gebieten. Besonders die A-Städte verzeichneten einen deutlichen Einwohneranstieg. Demgegenüber steht die schwache Bauentwicklung in Deutschland.
Zwischen 2013 und 2023 wurden in Deutschland jährlich durchschnittlich etwa 260.000 Wohnungen fertiggestellt, was deutlich unter dem Bedarf von 400.000 Wohnungen pro Jahr liegt. Mehr als 155.000 dieser Wohnungen wurden jährlich auf dem Land und nicht in den größeren Städten gebaut, was das Problem verdeutlicht, dass in den Gebieten mit dem größten Bedarf zu wenig gebaut wird.
Starker Anstieg der Mieten – leicht steigende Kaufpreise
Deutschlandweit wird ein Neubaubedarf von fünf Wohnungen pro 1.000 Einwohner vorhergesagt, wobei der Bedarf in den A-Städten fast doppelt so hoch ist. Mehr als 50 % der neu gebauten Wohnungen befinden sich in ländlichen Gebieten.
Trotz gestiegener Wohnungsfertigstellungszahlen bleibt der Bedarf bundesweit ungedeckt, was zu sinkenden Leerstandsquoten und steigenden Mieten geführt hat, insbesondere in den Metropolregionen. Die Mieten sind seit 2013 vor allem in kleineren Städten stark gestiegen. Demografische Veränderungen werden die regionalen Unterschiede in der Mietentwicklung weiter verschärfen. Die Kaufpreise von Neubauwohnungen stiegen bis 2022 kontinuierlich an, gingen jedoch 2023 aufgrund von höheren Zinsen und Inflation zurück. Es wird ein leichter Anstieg der Kaufpreise bis 2027 erwartet, insbesondere in den A-Städten.
Fertigstellung von mehr als 220.000 Wohnungen aufgrund von Marktverschiebungen verzögert
Der Projektentwicklermarkt in Deutschland ist derzeit von Unsicherheiten, Verzögerungen, Baustopps und Insolvenzen geprägt, was die Realisierung vieler Wohnungsbauvorhaben erschwert. Gemäß der bulwiengesa-Datenbank umfassen die aktuellen Wohnprojekte rund 4.630 Vorhaben mit mehr als 1.000 qm Wohnfläche, die bis 2028 fertiggestellt sein sollen. Die Studie hat 141.797 Wohnungen identifiziert, bei denen sich der Baustart verzögert oder deren Realisierung komplett auf Eis gelegt wurde. Im Durchschnitt beträgt die Verzögerung hier 11 Monate. Zusätzlich sind 80.350 Wohnungen, die sich bereits im Bau befinden, von einer durchschnittlichen Verzögerung von einem Jahr betroffen. In den A-Städten wurden die meisten Baubeginn verschoben, wobei dort der größte Wohnraumbedarf besteht. Auch sind die Preise dort am stärksten gefallen und überdurchschnittlich viele Projekte sind von Insolvenzen betroffen. Teilweise ist die Informationslage zu den einzelnen Bauvorhaben sehr eingeschränkt, es kann daher von einer noch höheren Zahl an verzögerten Projekten ausgegangen werden. Besonders Eigentumswohnungen und frei finanzierte Mietwohnungen sind von Verzögerungen betroffen, die wenigsten Verzögerungen in puncto Baubeginn wurden bei Projekten mit Einfamilienhäusern ermittelt.
Das Wohnungsbaudefizit verschärft sich durch die Immobilienmarktkrise und die vielen verschobenen Bauprojekte, was den Nachfrageüberhang weiter erhöht. Bis 2040 wurde allein in den A-Städten ein jährliches Defizit von 26.000 Neubauwohnungen identifiziert.
„Angesichts der aktuellen Situation, in der die Fertigstellung von mehr als 220.000 Wohnungen verzögert ist, sehen wir eine dringende Notwendigkeit für politische Unterstützung. Effektive Maßnahmen wie die Wiedereinführung der KfW-55-Förderung für bereits genehmigte und baureife Projekte und der Wegfall der Grunderwerbsteuer beim Verkauf vom Projetentwickler an einen Investor könnten Beginn und Fertigstellung dieser Projekte erheblich beschleunigen. Solche Anreize würden uns helfen, schneller auf die hohe und weiterwachsende Nachfrage nach Wohnraum zu reagieren“, sagt Thomas Meyer, Vorstandsvorsitzender von WERTGRUND Immobilien AG.